Da die Frage wie meine ersten Arbeitstage hier so aussahen mir schon öfter gestellt wurden, werde ich jetzt auch mal darüber etwas erzählen. Zuerst wo arbeite ich genau. Ich arbeite bei Hendrick Motorsports in Charlotte. Hendrick Motorsports (HMS) ist eines der erfolgreichsten Nascar-Teams der vergangenen Jahre. Die Nascar ist eine Stock-car Rennserie und um einiges bekannter hier als die Formel 1. Diese Saison finden 36 Rennen statt die mit Ausnahme von Somona und Watkins Glen alle auf Oval-Strecken so genannten Speedways und Superspeedways ausgetragen werden. Da die Nascar durch ein ziemlich striktes Reglement und wenig Entwicklung (nicht wie in der Formel 1 zum Beispiel) von der Technik nicht auf dem Stand der heutigen Technik sind habe ich eigentlich eher mit einer Art (um es etwas übertrieben darzustellen) Garagenschrauberei gerechnet. Was ich aber hier angetroffen habe ist alles andere als eine einfache Garagenschrauberei.
Wenn man in das Hauptgebäude über den Haupteingang rein kommt, kommt man als erstes in den Hauptbüroraum, in dem ich auch sitze. Dort sitzen 20 Ingenieure und entwickeln bzw. optimieren die vorhandenen Teile. Jeder hat seine eigene Workstation mit high-end CAD Rechner, 2 Bildschirmen und 3D-CAD-Steuerjoystick. An diesen Raum sind außen herum die Einzelbüros der einzelnen Chefs und Besprechungsräume angeordnet.
Wenn man aus diesem Hauptbüroraum heraus kommt, kommt man in einen langen breiten Gang der zu beiden Seiten etwas abfällt. Wenn man dann nach links geht kommt man in den Raum in dem die Motoren auseinander genommen werden, gereinigt und gewartet werden. Im linken Bereich befindet sich noch das Lager und in einem kleinen Raum die Qualitätssicherung, die Nockenwellen, Rockerarms, Ventile usw. überprüfen. An der rechten Seite des Hauptraumes sind 7 Motorprüfstände angeordnet bei dem Leistungsoptimierungen gefahren werden aber auch einfach neue Motoren eingefahren werden. In dem Hauptraum stehen außerdem noch 3 3-Achs-CNC Fräsmaschinen und mehrere Bohr- und Drehmaschinen drin. Wenn man dann weiter nach hinten geht kommt man in den Bereich in dem die Mitarbeiter in einem extra Raum die Motoren zusammen bauen. Außerdem stehen davor auch ca. 50 fertig zusammengebaute Aggregate. In diesem Bereich findet auch das Engine-Shop-Meeting statt, dazu aber später mehr.
Wenn man dann wieder zurück Richtung Hauptbüro geht kommt man noch an einem kleinen Raum vorbei der aussieht wie eine Besenkammer, in der aber unterschiedliche Testgeräte drin stehen, unteranderem ein Laser-Vermessungsarm für die Erfassung von Oberflächen zur Kontrolle. Wenn man dann weiter geht und kurz bevor man die kleine Rampe in den 2. Hauptraum runter geht geht es links noch in einen Raum in dem 2 Rapid-Prototyping Maschinen stehen die eigentlich Tag und Nacht laufen.
In dem 2. Hauptraum stehen ca. 15 5-Achs-CNC-Fräsmaschinen und noch etwa 20 3-Achs-CNC Maschinen die alle die ganze Zeit laufen und Motorblöcke, Ölwannen und Einsaugteile bearbeiten oder komplette Pleul oder Kolben fräsen. Wenn man dann aus diesem Raum hinten raus ins freie geht, kommt man auf einen Platz auf deren anderer Seite eine weitere Halle steht die aussieht wie eine Lagerhalle. Wenn man dann in diese Halle kommt wird man aber eines besseren belehrt. Es ist kaum etwas drin. Eine Fahrzeug-Fahrgastzelle steht mitten im Raum und ein großer Autoklav-Automat (zum backen von Kohlefaserteilen wird der verwendet). Tad hat mir gesagt das dieser Raum ausschließlich zum Herstellen der Sitze genutzt wird und deshalb auch die Fahrgastzelle des Fahrzeugs dort steht damit die Fahrer direkt im Auto ihren Sitz anpassen lassen können. In einem kleinen Nebenraum befindet sich noch ein kleines Elektronik-Labor in dem Kleinigkeiten zusammengelötet werden oder getestet werden.
Damit wären jetzt alle Räumlichkeiten die ich bisher gesehen hab beschrieben. Außerdem gibt es noch 4 weiter Hallen in denen sich der Carbon-Teilebau, der Chassisbau und der Zusammenbau der Fahrzeuge befindet. Außerdem noch das Besucherzentrum mit Shop und Museum.
Nun aber dazu was ich den ganzen Tag so treibe. An meinem ersten Tag begann mein Arbeitstag wie für alle anderen um 7:30. Zuerst wurde ich noch angemessen ausgestattet und habe 5 Firmenhemden bekommen. Alle Mitarbeiter tragen diese Firmenhemden die es in 2 Varianten gibt: einmal in dunkelgrau und einmal in Hellgrau mit schwarzen Streifen. Ich hab erstere, wie alle in der Entwicklungsabteilung. Ich halte ja normal nicht viel von Einheitskleidung und Uniformen, aber durch die einheitliche Bekleidung ist jeder Mitarbeiter gleich und man gehört viel schneller zur Familie dazu. Nachdem ich meine Bekleidung bekommen habe, war es auch schon Zeit zum Engine-Shop-Meeting, das jeden Montagmorgen um 8 stattfindet, zu gehen. Dort finden sich immer alle Mitarbeiter, die in der Motorenentwicklung arbeiten, ein und es wird kurz das letzte Wochenende zusammengefasst und erörtert was gut und was schlecht lief und wo es Verbesserungsbedarf gibt. Da das Rennen am letzten Sonntag für uns bis zum Schluss nicht schlecht lief (Pole durch Kahne am Samstag, zwischenzeitlich Positionen 1,2 und 3) aber 2 unserer Autos beim letzten Re-Start 2 Runden vor Schluss in Führung liegend abgeschossen wurden, war das Ergebnis leider schlechter als erhofft. Außerdem hatte sich der Motor von Kahne durch eine wunderschöne hellblaue Wolke verabschiedet. Das Problem hatte sich aber schon angekündigt, da ein Kühlwasserschlauch abgesprungen war und der Motor dadurch nicht mehr richtig gekühlt wurde und so etwas zu heiß lief. Außerdem haben bei der Explosion des Motors Teile die Ölwanne durchschlagen und einige faustgroße Löcher hinterlassen.
Am Ende des Meetings wurden noch an jeden Mitarbeiter ein Ogio Rucksack verteilt, die ein Sponsor bereitgestellt hat. Solche Aktionen find ich gut. 😀
Nachdem Meeting bin ich gleich zu Wendy, eine Mitarbeiterin aus der Personalabteilung, um noch „ein paar“ erforderliche Papiere auszufüllen. Neben Personaldatenerfassung, Steuerformalitäten, Nachweis für den Führerschein und noch gefühlte 500 weiteren Seiten und Formularen wurde mir noch das Handbuch über die Firma mitgegeben, was eine Art Leitfaden ist und in dem ein paar Verhaltens- und Etiketten-Regeln stehen. Am Ende dieses ca. 50 Seiten starken Dokuments befand sich auch eine Seite auf der ich unterschreiben musste, dass ich das Handbuch gelesen habe und auch verstanden habe. So hab ich mich also dran gesetzt und das Handbuch durchgeblättert und größtenteils durchgelesen. So weiß ich jetzt wann die gesetzlichen bezahlten Feiertage sind und wie lange der normale Arbeitstag ist. Außerdem ist in diesem Handbuch auch vermerkt dass ich kein sexuelle Beziehung mit einer anderen Mitarbeiterin anfangen soll, da dies früher oder später eh zu Problemen führen kann. Außerdem soll ich es unterlassen während der Arbeitszeit Sachen bei Facebook, Twitter o.ä. Zu posten. Sowieso soll ich keine negativen Dinge über die Firma oder Mitarbeiter in einem sozialen Netzwerk schreiben – da ist wohl jemand nicht kritikfähig. 😀 Einen sehr schönen Teil in dem Handbuch fand ich auch den Teil über den Dress Code. So sind T-Shirts ohne Kragen, Jeans mit Löchern und Franzen (egal ob gewollt oder ungewollt), Tops mit dünnen Trägern und Blusen mit Ausschnitt tabu. Außerdem auch offene Schuhe wie Sandalen oder Flip-Flop. Der Chef darf einen sogar wieder nach Hause schicken wenn ihm deine Bekleidung nicht gefällt und man muss sich dann anständig einkleiden.
Außerdem sollte ich an diesem ersten Vormittag noch mit Ashley zusammen ein paar Belastungstest an Schrauben durchführen. Wir waren aber in erster Linie damit beschäftigt die Teile zu suchen und haben sie am Ende doch nicht gefunden. Zum Mittagessen waren wir beim gleichen Mexikaner wie am Freitag, weil Amanda Geburtstag hatte und dort hin wollte. Dieses Mal war das Thema beim Essen: die Heizsysteme in einem normalen Haus. Normale Haushalte hier heizen mit Strom oder Gas. Aber auch von Erdwärmesystemen hat man hier schon gehört oder von Solar-Systemen zum erwärmen von Wasser. Allerdings hat keiner der anwesenden ein solches System verbaut gehabt. Bei dem Gespräch hab ich zum ersten mal richtig gemerkt wie schwer es ist etwas auf English zu erklären wenn ca. 50% der Wörter in einem Satz aus Fachbegriffen besteht die man noch nie vorher benutzt hatte. Aber es hat doch irgendwie funktioniert. Nachmittags habe ich dann mit Tad ein paar Lager-Proben erwärmt, um die Kraft zu messen die nötig ist um das Lager aus der Buchse zu pressen, da es bei den letzten Testfahrten Probleme mit klemmenden Ölpumpen gab, die auf ein Lagerschaden zurückzuführen waren. Außerdem habe ich damit begonnen mich in die CAD-Software NX 7.5 einzuarbeiten. Dafür habe ich von Gary, der Trainer für die Software dort, den Zugang zu den Tutorials bekommen. Am Abend des ersten Tages war ich zu faul zum kochen und bin ins Outback-Steakhouse ums Eck gegangen, weil es da auch noch 30% gab weil am Tag vorher das Auto das als Hauptsponsor dieser Steakhousekette hat bei der Nascar gewonnen hat. Beim Bezahlen hab ich gemerkt dass es nicht ganz so üblich ist in Bar zu bezahlen, jedenfalls hat der Kellner mir 3x Rausgeben müssen bis es gestimmt hat, denn $50-18$ sind? Genau 19$… ah nein falsch $22… ja fast… $32.
Gestern haben wir am Morgen noch ein paar Versuche mit den Lagern durchgeführt. Den restlichen Tag habe ich weiter mit NX verbracht und mich durch das Tutorial gearbeitet. Zum Mittagessen waren wir in einem sehr eigenwilligen Burger-Restaurant, dessen Burger umwerfend waren, so aber auch alles andere darin. So war die Einrichtung genau so wie in einem 80er-Jahre Film. Hinter dem Restaurant war eine Art Schrottplatz – eine Wiese auf dem viele alte Autos vor sich hin rosten. Mit einem sehnsüchtigen Blick hab ich über den Zaun geschaut und schon überlegt welche Autos davon wohl als Fotoobjekt dienen könnten. Da meinte Tad zu mir, dass es da ziemlich interessant wäre, vor allem der Wachhund wäre sehr interessant. Da meinte Amanda von hinten, dass das kein Wachhund sei sondern eher ein Wachesel. Somit wäre das Thema auch besprochen. Beim Mittagessen sind wir irgendwie auf das Thema deutsche Autobahnen gekommen. Als ich erzählt habe dass auf vielen Autobahnstücken kein Tempolimit herrscht waren die Anderen sehr überrascht. Als ich auf die Frage was das schnellste was ich mal gefahren bin mit 270km/h geantwortet hab und Tad das mit 180 Meilen umgerechnet hat (was in etwa stimmt), meinte er nur „Wow. Das schnellste was ich hier mal gefahren bin war 90 Meilen und das ist gerade mal die hälfte.“ (In den USA ist auf den Interstates ein Tempolimit von 65 Meilen, manchmal auch 75.)
Heute habe ich mich mal wieder weiter durch die NX-Tutorials gearbeitet. Wenn man mal mit Catia gearbeitet hat ist NX sehr ähnlich, aber manche Sachen gehen doch etwas anders. Am Mittag waren wir bei MacAllister, einer Sandwich-Kette. Ich bin normal nicht so ein Sandwich-Fan wurde aber auch hier überrascht. Am Nachmittag wurde ich von den Leuten aus der Qualitätssicherung ausgeliehen, weil sie ein Gerät zur Härtemessung von Metall hatten, es aber nicht kalibrieren konnten, weil sie die englische Übersetzung der Anleitung nicht verstehen. Mir haben sie dann die deutsche Orginalanleitung vorgelegt und ich hab sie mir dann durchgelesen und danach erklärt wie man das Gerät kalibriert. Mich hat es aber etwas gewundert dass sie das nicht verstanden haben, weil sogar ich die englische Übersetzung verstanden habe.
Heut Abend war ich dann noch kurz was fürs Abendessen einkaufen und als ich zurück kam war der Feueralarm von meinem Haus aktiviert und die Feuerwehr gerade am anrücken. Die 4 anderen Bewohner des Hauses und die Polizei standen schon davor. Es war aber nur falscher Alarm weil der Japaner der unten drin wohnt etwas zu extrem gekocht hat und so den Feueralarm ausgelöst hat.